EINE TORWART-TYPE

Chris­tine Foth

Im Jahr 2008 erlebte der Mädchen­hand­ball in Leonberg einen spürba­ren Aufschwung. Beson­ders in der A‑Jugend machte sich eine positive Entwick­lung bemerk­bar, doch auf der Torhü­te­rin­nen­po­si­tion gab es noch Nachhol­be­darf. Die Trainer waren auf der Suche nach einer Verstär­kung und hörten von einer vielver­spre­chen­den Torhü­te­rin beim benach­bar­ten EK Höfin­gen. Neugie­rig besuchte man einige Spiele und entdeckte dabei Chris­tine Foth, geborene Hesel. “Chrissi” beein­druckte sofort durch ihre außer­ge­wöhn­li­chen Hecht-Paraden, die mehr an den legen­dä­ren Fußball-Torwart Oliver Kahn erinner­ten als an eine Handball-Torhüterin. Sie war ein wahres Energie­bün­del auf dem Spiel­feld, stets voller Emotio­nen und mit einem unerschüt­ter­li­chen Sieges­wil­len. Obwohl sie bereits auf einem hohen Niveau spielte, war deutlich dass sie in den Berei­chen Technik und Taktik noch Poten­zial zur Weiter­ent­wick­lung hatte. Eines stand fest: Chrissi war etwas ganz Beson­de­res und genau die Torhü­te­rin, die wir für Leonberg gewin­nen wollten.

Facts:
Name: Chris­tine Foth (geb. Hesel)
Jahrgang: 1990
Größe: 170cm
Position: Torhü­ter

Statio­nen:
EK Höfin­gen
SV Leonberg/Eltingen
TuS Metzin­gen
TG 88 Pforz­heim
TG Nürtin­gen

2013 bekam Chrissi völlig überra­schend die Chance in den Bundesliga-Kader der TuS Metzin­gen aufge­nom­men zu werden. Es war schon ein gewal­ti­ger Sprung aus der Verbands­liga der Frauen in den Leistungs­sport 1. Bundes­liga. Aber letzt­end­lich hat sie sich durch harte Arbeit dort ihren Platz erkämpft.

2015 folgte dann der Wechsel zur TG Nürtin­gen in die 2. Handball-Bundesliga der Frauen. Nach 10 Jahren bei der TG gab sie 2024 ihr Karriere-Ende bekannt. Die TG Nürtin­gen sprach vom Ende einer Ära … und eine Ära prägt man nur dann wenn man neben der sport­li­chen Leistung auch mensch­lich Spuren hinter­las­sen hat. 

DREI FRAGEN

Was viele nicht wissen, du hast ja für die deutsche EK Jugend­aus­wahl sogar an den Europa­meis­ter­schaf­ten teilge­nom­men. Wie war das damals für dich?

Es war eine wahnsin­nig tolle Erfah­rung. Man hat dadurch die Möglich­keit bekom­men ein beson­de­res Auswahl­trai­ning wahrzu­neh­men und durfte tolle Menschen kennen­ler­nen. Die EM in Dänemark war etwas ganz Beson­de­res. Ein Kapitel, das ich nicht missen möchte. 

Zehn Jahre in der 2. Liga sind ja schon eine Ära und du hast eine Menge Leute und Hallen kennen­ge­lernt. Welche Halle ist für dich immer etwas beson­de­res gewesen und warum?

Es sind weniger die Hallen als die Spiele gegen beson­dere Gegner, die so manche Begeg­nun­gen immer wieder hervor­ge­ho­ben haben. Allen voran Derbys gegen Herren­berg oder auch Göppin­gen. Vor allem die Spiele gegen Herren­berg waren oft spannend bis zu letzten Minute; oder auch Sekunde und haben diese Tage im Kalen­der immer sehr aufre­gend gemacht. Es ist aber auch immer ein beson­de­rer Moment gewesen ins „Wohnzim­mer“, die Theodor-Eisenlohr-Sporthalle, einzu­lau­fen. Gerade in der letzten Saison habe ich die Heimspiele und vor allem den Moment des Einlau­fens vor heimi­schem Publi­kum sehr genos­sen. Die Atmosphäre und der Jubel nach einer Parade vor heimi­scher Kulisse ist sensationell.

Wenn du deine ganze Karriere auf den einen schöns­ten Moment reduzie­ren müsstest, welcher wäre das?

Das ist schwer. Jede Saison hatte ihre Höhen und Tiefen und jedes Jahr brachte somit auch Highlights mit sich, sowohl persön­li­che Highlights, als auch welche die den Teamer­folg betref­fen. Einer der schöns­ten Momente resul­tierte aus der gebrauch­ten Saison 2022/23. Am Ende der Saison konnten wir uns nach einem Trainer­wech­sel gerade noch berap­peln, einige Punkte sammeln und somit am letzten Spiel­tag den knappen Klassen­er­halt feiern. Die Erleich­te­rung war damals sehr groß, denn ich wusste die darauf­fol­gende Saison wird meine Letzte werden. Daher war der Moment doppelt so wertvoll: wir hatten es geschafft und wir hatten die neunte Saison in der 2. Bundes­liga vor uns und ich wusste, ich darf noch einmal die 2. Bundes­liga genie­ßen bevor es in die Handball-Rente geht. Auch das letzte Spiel meiner Karriere am 25. Mai 2024 geht mir durch den Kopf, wenn ich an „den schöns­ten Moment“ denke. Es war ein Abschluss zum Genie­ßen. Wir hatten keinen Druck, ich konnte ein letzten Mal einige Paraden für die TGN zeigen und im Publi­kum viele Freunde und meine Familie. Kerstin, meine Frau, warf sich noch zur Torschüt­zen­kö­ni­gin der Saison. Besser kann es nicht enden. Ein traum­haf­ter Abschluss.

Chrissi ist die Spiele­rin, die in kürzes­ter Zeit einen Quanten­sprung ihrer Leistung vollzo­gen hat, wie ich es bisher noch nie erlebt habe! Mit ihrer unbeküm­mer­ten, offenen und mutigen Art hat sie mich vom ersten Moment an überzeugt und mir war schnell klar, dass Chrissi Feuer gefan­gen hat! Dieses Feuer und die Gabe über Grenzen zu gehen, haben ihr zu dieser tollen Karriere verholfen!
Marielle Bohm, ehem. Traine­rin TuS Metzin­gen und aktuell Landes­trai­ne­rin von Handball Baden-Württemberg

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