Der weg auf die große (HANDBALL-) BÜHNE

Larissa Weiß

Bei einem Quali­fi­ka­ti­ons­spiel der weibli­chen C‑Jugend in Reutlin­gen trafen die Leonber­ge­rin­nen auf das Team aus Neuheng­stett. Das Ergeb­nis war eindeu­tig, doch eine Spiele­rin des Gegners fiel sofort ins Auge. Irgend­et­was an ihr war anders – im Angriff und in der Abwehr zeigte sie Ansätze, die auf ein beson­de­res Talent hindeu­te­ten. Die Trainer aus Leonberg ließen sich das nicht entge­hen: Nach dem Spiel schnapp­ten sie sich die junge Spiele­rin und luden sie kurzer­hand zum Training nach Leonberg ein. Niemand konnte damals ahnen, dass dieser Moment der Start­schuss für eine Karriere bis in die Bundes­liga sein würde. Larissa „Lissy“ Weiß trainierte von da an in Leonberg – immer mit vollem Einsatz, immer aufmerk­sam. Sie wurde schnell zum festen Bestand­teil der Oberliga-Teams in der Jugend und beein­druckte mit ihrem Engage­ment. Der nächste Schritt war nur eine Frage der Zeit: Nach der Jugend folgte der Ruf aus der Frauen BWOL. Beim TV Nellin­gen begann sie in der zweiten Mannschaft, doch schon bald schaffte sie den Sprung in den Bundes­li­gaka­der, wo sie von 2016 bis 2019 auf höchs­tem Niveau spielte. Doch das Leben hat viele Facet­ten, und Lissy entschied sich, ihre Priori­tä­ten neu zu setzen. Der Handball bleibt eine Herzens­an­ge­le­gen­heit, doch nun liegt der Fokus auf ihrer beruf­li­chen Karriere. Heute spielt sie in der Landes­liga für die HSG CaMüMax – immer noch mit der gleichen Leiden­schaft und Hingabe, die sie von Anfang an ausge­zeich­net haben. Ihr Weg zeigt: Talent, gepaart mit harter Arbeit, kann Großes errei­chen – und das auf allen Ebenen.

Facts:
Name: Larissa Weiß
Jahrgang: 1993
Größe: 170cm
Position: Rückraum Links

Statio­nen:
TSV Neuheng­stett
SV Leonberg/Eltingen
TV Nellin­gen
HSG CaMüMax

Als C‑Jugendliche kam Lissy zu uns nach Leonberg und hatte sich sofort in die Mannschaf­ten und den Verein einge­lebt. Ihre Leistun­gen haben mit dafür gesorgt, dass ihr Jahrgang immer in der Oberliga vertre­ten war.

Über die 2. Mannschaft erarbei­tete sich beim TV Nellin­gen schliess­lich ihren Weg in die Bundes­liga. Vornehm­lich auf Links­aus­sen einge­setzt absol­vierte sie ingesamt 20 Partien in der Beletage des deutschen Frauenhandballs.

DREI FRAGEN

Kannst du dich noch an deine Anfänge in Neuheng­stett erinnern? Und was war dann der große Unter­schied in der Jugend in Leonberg?

Als Kind konnte ich nie still sitzen – ich war ständig in Bewegung. Wahrschein­lich hatte ich das auch von meiner Mutter geerbt, die mir ihre sport­li­chen Gene mitge­ge­ben hat. Nur die passende Sport­art hatte ich noch nicht gefun­den. In der Leicht­ath­le­tik lief jeder für sich allein, beim Judo rochen die Matten nach Käsefü­ßen, und beim Schwim­men war der Sprung vom 10-Meter-Turm das Highlight des Trainings. Dann meinte mein Vater, ich solle es doch mal mit Handball versu­chen. Handball? dachte ich mir. Also schnappte ich mir einen Ball und übte eifrig an dem Basket­ball­korb unseres Nachbarn – in der Überzeu­gung, das wäre eine gute Vorbe­rei­tung. Dass man beim Handball mit einem kleine­ren Ball auf ein Tor wirft, wusste ich damals nicht und war entspre­chend überrascht beim ersten Training. Aber da waren diese Mädels, die alle irgend­wie genauso drauf waren wie ich. Ich spürte sofort: Hier gehöre ich hin. Von da an habe ich in Neuheng­stett kein einzi­ges Training mehr verpasst. Ich hatte meine Sport­art gefun­den. Als ich dann nach Leonberg kam, wusste ich bereits, wie Handball funktio­niert. Aber hier wurde anders gespielt und trainiert. Alle waren besser als ich, und ich musste mich erst hinten anstel­len. Mir war schnell klar: Wenn ich hier mithal­ten will, muss ich mehr inves­tie­ren als die anderen. Also verpasste ich auch in Leonberg kein Training. Erst das Training mit meiner eigenen Jugend­mann­schaft und danach noch das mit der nächst­hö­he­ren Alters­klasse. Und wenn ich mal wieder zu forsch war, gab es Einzel­trai­ning – ein Konzept, das mir bis dahin völlig neu war.

Jetzt kommst du ja aus einer sport­be­geis­ter­ten Familie und dein Papa war zeitweise sogar dein Trainer. Wie war das für dich und gab es da auch manch­mal Reibereien?

Dass Papa zeitweise mal mein Trainer war, hat mich nicht gestört. Ich bin noch immer froh, dass er und Mama mich zu jedem Training gefah­ren haben und mich immer unter­stützt haben. Das ist bis heute so.

Nimm uns mal mit in deine ersten Minuten in der 1. Bundes­liga. Weißt du noch gegen wen das war und wie es sich angefühlt hat?

An die ersten Minuten in der Bundes­liga kann ich mich gar nicht mehr so genau erinnern. Ich war erst 21/22 und habe mir in dem Alter darüber noch gar keine so großen Gedan­ken gemacht. Meine schönste Erinne­rung an die erste Bundes­liga war, als wir gegen Bayer Lever­ku­sen gespielt haben, ich 50 Minuten spielen durfte und ein gutes Spiel gespielt habe und zusam­men mit unserer Torhü­te­rin, welche auch aus der Nellin­ger Jugend und der 2. Frauen­mann­schaft bei der ersten mitspie­len durfte, Spiele­rin und Torhü­te­rin des Spieles gewor­den sind.

Ich habe Lissy als sehr ehrli­che und beschei­dene Spiele­rin in Nellin­gen kennen­ge­lernt. Als Trainer konntest du dich immer zu 100 % auf sie verlas­sen, was ihr Engage­ment auf und neben dem Spiel­feld betraf. Als Teammit­glied sprach sie immer offen, ehrlich und auch kritisch, und jeder wusste, woran man bei ihr war. Ich habe sie damals nur ungern als Spiele­rin und Mensch ziehen lassen müssen, da sie jede Mannschaft berei­chert und ein wertvol­les Teammit­glied ist.
Veronika Goldam­mer, Traine­rin Frauen und Jugend TV Nellin­gen

ARCHIV